10/11/2022
Meine Nähbiografie

JR sewing = Jana Reiche näht (2021)

Wie wurde ich zur Nähexpertin?

Heute erfährst Du wie ich durch meine Erfahrungen als Nähkurs–Teilnehmerin, Modedesign–Studentin, Assistenz–Designerin, Maßschneiderin, Nähkursleiterin und Autodidaktin zur Näh–Expertin wurde.

Jana Reiche 1999
Kostüme nähen fürs Darstellende Spiel

Den Wunsch richtig gut nähen zu können verspürte ich mit 15 Jahren. Ich war damals auf der Suche nach einer Art mich kreativ ausdrücken und individuell kleiden zu können. Also besuchte ich meinen ersten Nähkurs an einer Berliner Volkshochschule. Durch meine Anwesenheit senkte ich den dortigen Altersdurchschnitt stark nach unten. Die Nähkursleiterin war eine strenge Damenschneiderin mit einem Dutt auf dem Kopf. In diesem Kurs nähte ich meinen ersten ausgestellten Rock. Er war aus Pannesamt mit Kuhfellmuster: Willkommen in den 90er Jahren in Berlin! Ich schaffte es, in den Rock, der aus 100% Polyester bestand, ein großes Loch mit dem Bügeleisen zu brennen, so dass er untragbar wurde.

Das ist 25 Jahre her und seitdem ist das Nähen mein treuer Begleiter.

Für den Kurs “Darstellendes Spiel” an meinem Gymnasium wurde ich zur Kostümdesignerin: Neben dem Entwerfen und Nähen, arbeitete ich Kleidung zu Kostümen um und stylte meine Mitschüler.

Nach dem Abi erlernte ich an einer Kreuzberger Modeschule professionelle Schneidertechniken und das Erstellen von Schnittmustern. Nach nur drei Jahren fertigte ich eine Lingerie-Kollektion mit Unterstützung der Firma Triumph in München für meinen erfolgreichen Abschluss an.

Jana Reiche 2003
Auf der Modeschule in Kreuzberg
JR sewing Jana Reiche Kollektion 2004
Ein Model der JANY Abschlusskollektion "Patched"

In meinem Jahr als Assistenz-Designerin in New York City machte ich Schnitte und nähte Musterteile für die gesamte Kollektion meines damaligen Arbeitgebers. Es gab ein großes Fotoshooting für die von mir erstellte Kollektion. Dabei erlitt ich eine Brandwunde am Handgelenk vom heißen Dampf des Handsteamers. Vielmehr hat sich jedoch die Tatsache in meine Erinnerung gebrannt, dass, obwohl ich maßgeblich an der Entstehung der Kollektion beteiligt war, ich nicht mit aufs Gruppenfoto am Ende des Fotoshootings durfte. Ich musste zusehen wie sich mein Boss, seine Investorin und das Model selbst feierten und dabei fotografieren ließen. “So werde ich meine Angestellten nicht behandeln”, schwor ich mir damals. Die mangelnde Anerkennung meiner Arbeit führte schnell zu dem Wunsch nach Selbstständigkeit.

Zurück in Berlin wurde ich Geschäftsführerin eines Stoffladens und gab dort erste Nähkurse.

Wir nähten worauf meine Teilnehmer:innen Lust hatten. Ich nahm auch Aufträge für Maßanfertigungen an. Der direkte Austausch mit meinen Kund:innen war ein wichtiger Schritt mein Wissen über die Fertigung von Kleidung zu vertiefen.

Schnittmuster erstellen
Nähkurs mit Schnitterstellung in meinem Laden in Kreuzberg © Stefan Melchior

Nach Gründung meines eigenen Labels 2008 nähte ich alle Musterstücke meiner Kollektionen selbst und Kleidung für den Verkauf.

Jana arbeitet in ihrem Laden in Neukölln
Zuschnitt eines Hochzeitskleides in meinem Laden in Neukölln

Der Faden riss nicht ab: Seit der Geburt meiner Kinder nähte ich unter anderem zur Gestaltung von Wohnräumen. Ich dekorierte unsere Zimmer mit allerlei Genähtem wie Vorhängen, Kissenbezügen, Decken, Hussen und kleinen Accessoires. So schuf ich ein sehr gemütliches und individuelles Zuhause für meine Familie. Hier der Link zu meinem Blogartikel über unseren Küchenvorhang aus Geschirrtüchern.

Küchenvorhang aus Geschirrtüchern
Mein Küchenvorhang aus Küchentüchern
Poäng Kinderstuhl mit Ananasbezug
Bezug mit Ananasmotiv für Poäng
DIY Knotkissen
Ein rostfarbenes Knotkissen zu machen ist mit viel Arbeit verbunden
Zipfelmütze aus Wolle
Upcycling Mütze aus Wolle, gefüttert mit Baumwolljersey

Ich war bisher nicht der Typ Mutter, der Kleidung für seine Kinder näht. Im Gegenteil: Dadurch, dass es viel zu viel Textilien gibt, erschien mir das Nähen von Kinderkleidung als unverhältnismäßig aufwendig. Warum sollte ich eine Hose nähen, wenn ich eine für zwei Euro auf dem Flohmarkt kaufen kann?

Jetzt hat mich das Nähfieber aber doch erwischt. Ich möchte, dass meine Kinder auch von mir selbstgefertigte Kleidung tragen. Diese Sachen fallen auf. So kann ich auch auf meine Mission, Menschen nachhaltigem Modekonsum näher zu bringen, aufmerksam machen.

Letztens zog ich mein Kind in der Umkleide seiner Kita an um nach Hause zu gehen. Da fiel mir eine Jacke ins Auge. Ich ging hin und betrachtete sie. Das wilde Muster, die Farbkombi, ich wollte wissen, wer der Hersteller war. Insgeheim dachte ich mir schon, dass die Jacke im positiven Sinne selbst genäht aussah. Dies wurde prompt von einer Erzieherin bestätigt: “Das hat die Mama selbst genäht, ist das nicht toll?” fragte sie mich. “Klar ist das toll!” Und ich kann das auch, dachte ich. Mich packte nach diesem Erlebnis der Ehrgeiz. Bisher hatte ich nur Faschingskostüme und Decken für die Kindern genäht.

Meine derzeitige Leidenschaft ist das Upcycling von Textilien. Mein erstes Nähprojekt 2022 war diese mit Jersey gefütterte Zipfelmütze aus Wolle für meine Tochter. Die Wolle stammt von einem Pullover. Diesen habe ich vor dem Verarbeiten bei 40 Grad gewaschen, so dass die Mütze später auch waschbar ist ohne dabei einzulaufen.

Mein Sohn nennt diese Art von Mützen “Mütze-Schal”. An der kleinen Schlaufe am Zipfel kann man sie aufhängen. Ich habe sie nur aus Materialien gefertigt, die ich zuhause hatte und das Schnittmuster habe ich selbst gemacht. Die Ziernaht in Form von Sternen oder Schneeflocken ist ein niedliches Detail. Jedoch ist sie nicht sehr elastisch, weshalb ich sie bei der nächsten Mütze weglassen würde.

Warum mache ich das?

Vor kurzem war ich wieder einmal im Materialpool. Als ich tief in einem Container mit Herrenhemden fischte, fielen mir zwei Frauen auf, die sich angeregt über ein Stück Stoff unterhielten. “Da könnten wir dies daraus machen, oder das…”. Ich merkte, wie sehr mir dieser kreative Austausch fehlt.

Außerdem liegt es mir am Herzen, dass Textilien mehr Wertschätzung erhalten. Bestimmt kann durch Das Nähcafé das ein oder andere Kleidungsstück gerettet werden. Auch bei mir stapeln sich Kleidungsstücke, die etwas Zuwendung vertragen könnten. Hier die Hose kürzen, da das Bündchen enger machen. Spontan fallen mir drei Nähprojekte ein, die ich fertigstellen möchte: Eine Patchworkdecke, eine Korsagen und ein Pullunder. Ein fester Termine wären die Lösung für meine unverrichteten Näharbeiten! Und so kam mir die Idee für Das Nähcafé.

Es ist neu, es ist ein Versuch und es wird bestimmt ein paar Termine brauchen, bis sich die Technik und ich eingegroovt haben. Wie bei einer Serie, bei der man die ersten zwei Folgen gelangweilt guckt und ab der dritten gefesselt ist.

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Jana Reiche 2001 Upcycling Jeans
Upcycling Jeans von JR sewing

Mein persönliches Nähalphabet

Zum Abschluss dieses Blogartikels noch mein persönliches A–Z an Kleidungsstücken, die ich im Laufe der Jahre genäht habe:

  • Abendkleid
  • Blazer
  • Culotte
  • Daunenjacke
  • Etuikleid
  • Faltenrock
  • Gürtel
  • Hochzeitskleid
  • Iphonehülle
  • Jeans
  • Kimono
  • Lederhose
  • Morgenmantel
  • Neckholderkleid
  • Onesie
  • Pudeljacke
  • Quilt
  • Regenponcho
  • Sakko
  • Tellerrock
  • Unterwäsche
  • Vampirumhang
  • Wintermantel
  • X-mas Kleider
  • Yogaleggins
  • Zipfelmütze

Jana Reiche

Fashion Designerin| Textilretterin | Networkerin
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